Kein Gewaltproblem, aber einige ernstzunehmende Problemfans - Uwe Schünemann nimmt Stellung zur Gewaltproblematik - Pressegespräch im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport – Karl Rothmund: Niedersächsischer Fußballverband arbeitet an einem Sicherheitskonzept.
„Wir haben zwar kein Gewaltproblem im Fußball, aber einige ernstzunehmende Problemfans.“ Uwe Schünemann, Niedersächsischer Minister für In-neres und Sport, möchte die Anfänge im Keim ersticken. Dafür berief er in seinem Ministerium einen Ausschuss „Sport und Sicherheit“. Es sei nicht einzusehen, dass pro Jahr in Niedersachsen für Polizeieinsätze bei Fußballspielen rund 4,6 Millionen Euro ausgegeben werden. Diese Zahl aus Jahr 2006 basiert auf einer Hochrechnung, wonach Polizeibeamte in der Oberliga 2319 – Einsatzstunden hatten. Für die Niedersachenligen kamen noch mal 858 Stunden hinzu. Diese Zahlen nannte Schünemann heute in einem Pressegespräch in Hannover.
Auch der Niedersächsische Fußballverband denkt intensiv über die Gewaltproblematik nach. Zu diesem Zweck wurde ebenfalls eine Arbeitsgruppe für Sport und Sicherheit gebildet, die ihre Erkenntnisse nunmehr in einem Lagebild zusammengestellt hat. August-Wilhelm Winsmann, Vorsitzender dieser Arbeitsgruppe und beruflich im Polizeidienst tätig, stellte im Rahmen des Pressegespräches zusammen mit Schünemann einige Ergebnisse vor:
Allein aus der Saison 2006/2007 sind 317 Spiele der Oberliga und der Niedersachsenliga ausgewertet worden, um ein verlässliches Lagebild zu erhal-ten. Die Arbeitsgruppe habe zudem auch die Spieljahre 2004/2005 und 2005/2006 unter die Lupe genommen, teilte Winsmann den Journalisten mit. In einer ersten Analyse kommt NFV-Präsident Karl Rothmund zu der Erkenntnis: „In den vergangenen drei Jahren ist die Gewalt auf Fußballplätzen nur leicht gestiegen, trotzdem besteht Handlungsbedarf.
Weitere Zahlen aus der Statistik des Innenministeriums belegen das: So gibt es in Niedersachsen 1275 so genannte Problemfans, von denen 935 der Kategorie B (Gewalt bereite/-geneigte Fans und 340 der Kategorie C (Gewalt suchende Fans). Dieses Gewaltpotenzial ist zwar überwiegend im Profibereich zu finden, aber mittlerweile findet auch schon eine Verschiebung in den oberen Amateurbereich statt. Dazu Rothmund: Die Stadien in er ersten, zweiten und dritten Liga sind fast alle im Bereich der Sicherheit bestens ausgestattet. Daher suchen immer mehr Gewalt bereite Fans in den Ligen dar-unter ein neues Betätigungsfeld. Darauf müssen wir reagieren.“
Deshalb wird dem NFV-Beirat in der Sitzung am 3. November ein Maßnahmenkatalog zur Entscheidung vorgelegt. Einige Auszüge daraus: Die Kooperation zwischen Polizei und Vereinen wird weiter intensiviert. Jeder niedersächsische Verein in der Oberliga und Niedersachsenliga muss einen Si-cherheitsbeauftragten benennen. Sie werden ein Mal im Jahr in Barsinghausen von der Sicherheitsfirma Protec aus Hannover geschult. Es handelt sich dabei um eine Pflichtveranstaltung. Bei kritischen Spielen mit problematischen Fans wird laut Rothmund ein neutraler Spielbeobachter eingesetzt.
Ein erhöhter Ordnereinsatz, mindestens zehn sollen bei einem Spiel eingesetzt werden, sowie ein Alkoholausschank in Plastikbechern sind weitere Forderungen. Das Sicherheitskonzept sieht zudem vor, dass bei Problemspielen der Ausschank von Alkohol verboten werden kann. Da in der Vergangenheit das Abbrennen von Feuerwerkskörpern auch in der Niedersachsenliga schon mehrere Male vorgekommen ist, wird der Niedersächsische Fußballverband für den Bereich der Sicherheit in den Stadien Auflagen erteilen. „Unter Berücksichtigung der ehrenamtlichen Arbeit in den Amateurvereinen werden wir allerdings lediglich einen Mindeststandard fordern“, beruhigt Winsmann. Einen eindringlichen Appell richtet er an die so genannten „schwarzen Schafe“ auf den Trainerbänken. Eklatantes Fehlverhalten – wie in der Vergangenheit leider mehrfach beobachtet – muss laut Winsmann rigoros bestraft werden, zumal von dort aus hin und wieder die Unruhe auf den Fußballplätzen ausgeht.
Das Sicherheitskonzept soll ab der Saison 2008/2009 umgesetzt werden. Das heißt: Im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens kommen neben der sportlichen und wirtschaftlichen Beurteilung die Sicherheitsaspekte hinzu. „Denn die Prävention ist gerade auf diesem Gebiet besonders wichtig“, betonte Rothmund.