02.09.2012 12:32

Heinrich Sandmann - Bei allen 28 Pokalendspielen dabei

Auf eine wirklich außergewöhnliche Fan-Karriere kann ein Hollager Blau-Weisser zurückblicken: Heinrich Sandmann, den alle nur Heini nennen, war bei allen 28 Pokalendspielen in Berlin als Zuschauer dabei! Obwohl er selbst bis heute Gladbachfan ist, spielte hierbei der Vereinsname keine Rolle. Insgesamt hat er im Berliner Olympiastadion 24 verschiedene Vereine gesehen, wobei er Bayern München mit 11 Teilnahmen und 8 Titeln am häufigsten erlebte.

An jedes einzelne Pokalfinale erinnert er sich noch heute genau, und sein allererstes 1985 zwischen Bayer Uerdingen und Bayern München lässt seine Augen beim Erzählen noch heute leuchten. Über 80.000 Zuschauer verfolgten damals den 2:1-Sieg von Uerdingen über den Favoriten, und diese tolle Atmosphäre fesselte ihn so, dass er alle 28 Endspiele in Berlin live verfolgte. Dies ist sicher eine außergewöhnliche Geschichte, und allzu viele Fans gibt es bestimmt nicht, die eine ebensolche Bilanz vorweisen können.

Heinrich Sandmann wurde am 29.8.1950 in Osnabrück geboren. Nach seiner Schulzeit in der Volksschule Hollage – sein Klassenlehrer war Franz Grammann – absolvierte er bei Elektro Vocke&Michel am Berliner Platz eine Lehre zum Außenhandelskaufmann und kann heute auf eine fast 43jährige Tätigkeit bei Reifen-Werner zurückblicken: vom 1.7.1969 bis zum 31.12.2011. Nachdem er zunächst betriebsintern für den Ein- und Verkauf sowie die Buchhaltung zuständig war, lag sein Schwerpunkt in den letzten 30 Jahren im Außendienst.

Mit seinen Eltern Maria und Josef Sandmann wohnte er bis 1969 im Hollager Heimathaus und danach zogen sie in die Barlage. Seit 1998 wohnt er in Hollage, Blumenstraße 4. Kein Wunder, dass er zum Richtfest des renovierten Heimathauses im Jahr 1997 als Ehrengast eingeladen war, schließlich waren die Sandmanns die letzten Bewohner des heutigen Kulturzentrums.

Bei Blau-Weiss Hollage spielte Heini bis zur Jugend und musste das Fußballspielen dann leider aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Unter dem damaligen Trainer Bernhard Richter spielte er u.a. mit Hannes Müller, Bernhard Pohlmann und Egon Weisemöller zusammen. Heute noch schaut er sich die Heimspiele unserer Ersten am Benkenbusch an, und die Tatsache, dass Trainer Thomas Lüken viele junge Leute einbaut, findet er besonders gut.

Nun fragt man sich natürlich, wieso Heini ausgerechnet Berlin ausgewählt hat. Nachdem er mit Franz Grammann als Reiseleiter 1970 nach Ungarn und 1972 nach Jugoslawien gefahren war, folgten mit dem Kreisjugendring mehrere Fahrten nach Berlin. Hierbei lernte er den Ost-West-Konflikt hautnah kennen, denn die Schikanen an der innerdeutschen Grenze bei Helmstedt waren unglaublich. Auch als er später selbst als Reiseleiter mit Kegelclubs oder anderen Gruppen nach Berlin fuhr, erlebte er „irre Kontrollen“ im Bus und unter dem Bus, denn dieser wurde mit großen Spiegeln nach möglichen Flüchtlingen abgesucht. Seit der Wiedervereinigung 1990 ist es glücklicherweise vorbei mit den Grenzkontrollen, und seitdem freut sich Sandmann umso mehr auf die jeweiligen Pokalendspiele.

Das allererste Bundesligaspiel in Berlin sah er 1968 zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Köln (0:3), sein interessantestes war zweifellos das sensationelle 7:1 von „seinem“ Verein Borussia Mönchengladbach gegen Inter Mailand nach einem 1:2 im Hinspiel. Alle die das damalige 7:1 gesehen haben können sicher verstehen, dass Heini von dem Klassespiel der Borussia total begeistert war. Leider wurde das Spiel nach einem Büchsenwurf gegen Boninsegna nicht gewertet, und nach einem 1:1 im Wiederholungsspiel auf neutralem Platz in Berlin war die Borussia leider ausgeschieden. Und dies, obwohl Heini auf der Tribüne für seine Jungs das Beste gab!

Als er dann 1985 sein erstes Pokalfinale gesehen hatte und ein Jahr später das 5:2 der Bayern gegen den VfB Stuttgart – wiederum im ausverkauften Olympiastadion – war für ihn klar: alle weiteren Endspiele würde er live erleben wollen, es sei denn, seine Gesundheit spielte nicht mit. Bis heute ist er glücklicherweise von Krankheiten zur Zeit der Finalspiele verschont geblieben, und er hofft auf viele weitere Endspielteilnahmen.

Natürlich erzählte er in Hollage von den Endspielen, und so musste er in den Folgejahren nicht mehr allein nach Berlin fahren. Es wollten immer mehr Leute mit, und so fuhr man mit 2 Bullis oder 3 PKW, oder aber man flog zu Viert von Greven aus. Nach den Spielen ging es dann immer zu „Hanne am Zoo“, einer Kneipe des ehemaligen Hertha- und Bayernspielers Hanne Weiner, wo bei einem (oder 2…) Pils dann unter Gleichgesinnten gefachsimpelt wurde.

Auch seine Berlinkenntnis kam zum Tragen, denn er zeigte seinen mitgereisten Freunden jedes Mal die Stadt, und auch der Besuch der größten Disco „Big Eden“ durfte nicht fehlen. Sein Bruder Josef war am meisten dabei, gefolgt von Frank Flegel und Oliver Brockmeyer.

Seine größte Überraschung erlebte er 2009, als er beim DFB Karten bestellt hatte, diese dann auch bekam, und da er geschrieben hatte, dass dies sein 25. Finale sei, bekam er die Karten auch. Aber nicht nur dies: er durfte als Ehrengast in der DFB-VIP-Loge Platz nehmen und sowohl das Endspiel der Frauen zwischen Turbine Potsdam und FCR Duisburg (0:7!) als auch am Abend dann den 1:0-Sieg von Werder Bremen gegen Bayer 04 Leverkusen erleben. Vielleicht zeigt sich der DFB in 2 Jahren bei seinem 30. Endspiel genau so spendabel. Zu wünschen wäre es ihm!

Wenn man Heini Sandmann zuhört und ihn beim Erzählen beobachtet, kann man ein Leuchten in seinen Augen sehen und verstehen, dass ein Ende dieser unglaublichen Serie noch längst nicht in Sicht ist. Wir wünschen ihm gute Gesundheit, damit er weiterhin die Pokalendspiele in Berlin besuchen kann und auch am Benkenbusch noch viele erfolgreiche Spiele unserer Ersten in der Landesliga zu sehen bekommt.

Peter Papke

Foto: Der Wimpel vom Pokalfinale 2005 mit (v.l.n.r.) Heini Sandmann, Siggi Kreisel und Frank Flegel

Alle 28 Endspiele in Berlin auf einen Blick:

1985 Bayer 05 Uerdingen - FC Bayern München 2:11986 FC Bayern München - VfB Stuttgart 5:21987 Hamburger SV - Stuttgarter Kickers 3:11988 Eintracht Frankfurt -VfL Bochum 1:01989 Borussia Dortmund – Werder Bremen 4:11990 1. FC Kaiserslautern - Werder Bremen 3:21991 Werder Bremen – 1. FC Köln 1:1 4:31992 Hannover 96 – Borussia Mönchengladbach 0:0 4:31993 Bayer 04 Leverkusen – Hertha BSC Amateure 1:01994 Werder Bremen – Rot-Weiß Essen 3:11995 Borussia Mönchengladbach - VfL Wolfsburg 3:01996 1. FC Kaiserslautern – Karlsruher SC 1:01997 VfB Stuttgart – Energie Cottbus 2:01998 FC Bayern München – MSV Duisburg 2:11999 Werder Bremen - FC Bayern München 1:1 5:42000 FC Bayern München - Werder Bremen 3:02001 FC Schalke 04 – 1. FC Union Berlin 2:02002 FC Schalke 04 - Bayer 04 Leverkusen 4:22003 FC Bayern München - 1. FC Kaiserslautern 3:12004 Werder Bremen – Alemannia Aachen 3:22005 FC Bayern München - FC Schalke 04 2:12006 FC Bayern München - Eintracht Frankfurt 1:02007 1. FC Nürnberg - VfB Stuttgart 3:2 n.V.2008 FC Bayern München - Borussia Dortmund 2:1 n.V.2009 Werder Bremen - Bayer 04 Leverkusen 1:02010 FC Bayern München - Werder Bremen 4:02011 FC Schalke 04 – MSV Duisburg 5:02012 Borussia Dortmund - FC Bayern München 5:2

 

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